Triumph - für viele der Inbegriff des sportlichen englischen Cabriolets, aber Triumph Stag? Vielen selbsternannten Autokennern steht das sprichwörtliche Fragezeichen in den Augen, und wahre Insider winken mit einer mitleidigen Geste ab. Zu Unrecht, immerhin handelt es sich bei dem vierplätzigen Cabrio um das Topmodel des gesamten Triumph-Programms. Ein Modell, das bereits zu seiner Entwicklungszeit - sie reichte weit in die sechziger Jahre hinein - in zahlreichen Punkten eine Sonderstellung einnahm.

Giovanni Michelotti Eigentlich ist es nur einer Laune von Giovanni Michelotti zu verdanken, dass es den Stag überhaupt je gegeben hat. Er bat die Triumph-Verantwortlichen im Laufe des Jahres 1964 um einen '2000 Saloon' als Studienobjekt.
Giovanni Michelotti  
   
Auf der Bodengruppe des 2000 - bestückt mit der Originalmechanik - zauberte Michelotti eine elegante viersitzige, zweitürige Cabriolet-Karosserie. stag design study small
  Triumph Stag Design Study
   

Geplant wurde die Lancierung für 1968, wobei der damals in Entwicklung stehende 2.5-Liter Reihensechszylinder als Motorisierung ins Auge gefasst wurde. Die Investitionen wurden dabei auf 2.3 Millionen Pfund Sterling (ca. 50 Mio Fr.) veranschlagt. Die Einverleibung von Triumph in den British-Leyland-Konzern brachte dann einige Unruhe und einen neuen Direktor in Person von Stephen King. Neue Prioritäten wurden gesetzt, und auch die Verschärfung der Sicherheitsvorschriften in den USA verzögerten die Serienreife.

Anfangs 1967 entstand bei Triumph der erste überarbeitete Prototyp des Cabrio-Projekts das damals, wie alle Entwicklungen von Triumph, unter der vierstelligen Codebezeichnung 'STAG' lief.

Triumph Stag Prototype

Der Stag-Prototyp erhielt gegenüber dem Entwurf von Michelotti einen um 15 cm verringerten Radstand, was zu Lasten des Fondraumes ging; aus dem Vierplätzer wurde ein 2+2. Zudem entschloss man sich anstelle des Sechszylinder dem Stag eine V8-Maschine zu verpassen. Allerdings nicht der konzerneigene Rover 3,5-Liter sondern eine Triumph-Eigenentwicklung, deren Ursprung bis ins Jahr 1963 zurückverfolgt werden kann. Der Triumph-Achtzylinder war nämlich nichts anderes als eine Verdoppelung des Vierzylinder-Reihenmotors, wie er für den Saab 96 gebaut wurde und später auch in den Dolomite- und TR7-Modellen verwendet werden sollte.

Als Stephen King in Canley die Führung übernahm lief aber erst ein Versuchstriebwerk mit 2.5-Liter Hubraum, einer störungsanfälligen Bosch-Einspritzung und recht magerem Drehmoment. King löste die Probleme mit dem Ersatz der Einspritzung durch zwei Stromberg-Vergaser und Vergrösserung des Hubraums auf 2997 cm³.

Es war ein modernes Triebwerk mit Leichtmetall-Zylinderköpfen und obenliegenden kettengetriebenen Nockenwellen. Eine mit halber Motordrehzahl laufende Nebenwelle dient dem Antrieb von Wasser- und Ölpumpe sowie Zündverteiler.

Auch Karosseriemässig ging nicht alles so, wie es man sich in einer ersten Entwicklungsphase gedacht hatte. Von der eng verwandten Limousine 2000-2.5 PI konnte kein einziges Karosserieteil, weder von der Aussenhaut noch der tragenden Konstruktion übernommen werden. Von der Mechanik wurde die Einzelradaufhängung - vorne die Mc-Pherson-Federbeine und hinten die Schräglenker sowie die servounterstützte Zahnstangenlenkung und die Bremsanlage übernommen.

Das vollsynchronisierte Viergang-Getriebe stammte vom TR4, und vom Beginn weg sollten ein Laycock-Overdrive (wirksam im 3. und 4. Gang) sowie ein Dreistufen-Automatikgetriebe BW35 von Borgwarner angeboten werden.

Als Cabriolet mit selbsttragender Karosserie stellte der Stag im Triumph-Programm ein Novum dar. Entsprechend hoch waren den auch die Anforderungen an die Verwindungssteifigkeit dieser Konstruktion. Gross auch der Aufwand; doppelte Seitenbleche zwischen Türpfosten und Kofferraumbereich und den für den Stag typischen T-förmigen Überrollbügel.

Als Alternative zu dieser aufwändigen Offenkonstruktion entstand 1969 noch ein Fastback-Prototyp, der in seiner Erscheinung starke Ähnlichkeit mit dem geschlossenen Bruder des Spitfire, dem GT6, aufwies. Es blieb jedoch beim Cabriolet, für jene, die eine geschlossene Konstruktion vorzogen, wurde dafür ein Hardtop vorgesehen.

Als Alternative zu dieser aufwändigen Offenkonstruktion entstand 1969 noch ein Fastback-Prototyp, der in seiner Erscheinung starke Ähnlichkeit mit dem geschlossenen Bruder des Spitfire, dem GT6, aufwies. Es blieb jedoch beim Cabriolet, für jene, die eine geschlossene Konstruktion vorzogen, wurde dafür ein Hardtop vorgesehen.

Triumph Stag fastback Design Study
Triumph Stag Fastback Design Study Triumph Stag Fastback

 

In dieser Form konnte das Achtzylinder Cabrio schliesslich im späten Frühling des Jahres 1970 der staunenden Öffentlichkeit präsentiert werden. Die Werbung war gewagt - man zielte sowohl auf den Alfa Spider wie auch auf Mercedes SL Kunden. Die ersten Testberichte in der Fachpresse waren vom Lob für den mit 145 PS recht leistungsstarken Motor, das gute Fahrverhalten und die komfortable Ausstattung geprägt.

Es dauerte allerdings noch einige Monate, bis im Herbst 1970 die ersten Serienmodelle mit geringfügigen Modifikationen wie z.B. dem etwas kleineren Benzintank den Kunden ausgeliefert werden konnten. Gegen Aufpreis gab es bereits auch eine Klimaanlage.

In den ersten Monaten wurde ausschliesslich der britische Inlandmarkt beliefert. Darauf folgte das erste Produktionslos einer US-Version mit Abgasrückführung, weniger Leistung, unterschiedlicher Anordnung der Beleuchtung und Speichenrädern als besonderen Leckerbissen. Trotz der attraktiven Ausstattung florierte der US-Export nicht, und nach dem auch noch technische Probleme auftraten (vor allem defekte Nockenwellen-Steuerketten und damit verbundene Folgeschäden), wurde der Stag bereits 1973 wieder vom amerikanischen Markt zurückgezogen.

Stag LD1

Triumph Stag LD1

Auch diesseits des grossen Teichs häuften sich die Schwierigkeiten mit dem "Hirsch". Produktionsausfälle und - nach einem ersten Verkaufsboom - ein eher schleppender Absatz liessen bald Enttäuschung und Resignation im Triumph-Management aufkommen. Wilde Geschichten von teuren Motorschäden nach nur wenigen gefahrenen Kilometern waren zudem alles andere als gute Propaganda, auch wenn sich später die eine oder andere Story als Jägerlatein entpuppte.

Allerdings wurde werkseitig auch nie ein ernsthafter Versuch unternommen, den Stag in seinen Schwachstellen grundlegend zu überarbeiten. In der Zeit des MKI (1970 - Anfang 1973) beschränkte man sich - neben einigen kosmetischen Details - auf ein verbessertes Kühlsystem. Auch die Lancierung des MKII im Februar 1973 brachte nichts Revolutionäres: Hardtop jetzt serienmässig, Softtop ohne seitliche Dreieckfenster, dünnere Auspuff-Endrohre, modifizierter Ansaugtrakt, höhere Verdichtung, geänderte Lenkgetriebe-Übersetzung und weitere Details. Statt Speichenräder gab es gegen Aufpreis nun Leichtmetall-Felgen, die ab Oktober 75 schliesslich zur Serienausstattung gehörten. Alle 1976er und 1977er Modelle erkennt man übrigens an den Schwellenabdeckungen aus poliertem Aluminium.

Trotz dieser Aufwertung bei nach wie vor günstigem Verkaufspreis (in der Schweiz ca. Fr. 26'000.-) blieben die Absatzzahlen während der ganzen Zeit hinter den Erwartungen zurück. Im Juni 1977 entschloss sich der Verwaltungsrat von British Leyland die Produktion des aussergewöhnlichen Cabriolets einzustellen. Der zuwenig ausgereifte Achtzylindermotor hatte dem offenen Gran Turismo zu einem irreparabel schlechten Ruf verholfen. 

Text von Chrigel Gonzenbach